Neben der im folgenden aufgeführten Kaufberatung kommen natürlich auch für uns stetig neue Erkenntnisse über die Problemstellen des 124er dazu.
Bei der Demontage der Heckschürze eines 124 T Modells sind zwei weitere bisher nicht bekannte Roststellen entdeckt worden. Für die Lokalisierung muss die Heckschürze nicht abgebaut werden. Diese sind einfach zu erreichen, indem das Reserverad aus der Mulde gehoben wird. Der Reserveradhalter ist an mehreren Stellen mittels Gasschmelzschweissen mit dem Innen- und Aussenblech verbunden. Auch in diesem eigentlich vor Feuchtigkeit geschützten Bereich zeigt sich Rost, der in fortgeschrittenem Zustand das Außenblech durchbricht. Ein weiterer Rostherd in diesem Bereich ist ein kleiner Halter, der auf Höhe der seitlichen Schürzenverkleidung von Innen an das Blech gepunktet ist. Hier nistet sich auch Rost ein, der das Blech zersetzt. Sind bereits Löcher im Blech, muss die Heckschürze demontiert und Reparaturbleche am besten auf Stoß eingeschweißt werden.
Der Mercedes der 124er Baureihe gehören zu den beliebtesten Youngtimer. Diese bieten neben der Mercedes typischen Robustheit auch den Komfort und die Fahrqualitäten eines modernen Fahrzeugs. Aus diesem Grund werden diese Fahrzeuge nicht nur in unseren Breiten noch als Dailydriver eingesetzt sondern finden nach wie vor ihren Weg nach Afrika.
Die Preise dieser Fahrzeuge beginnen bei wenigen Hundert Euro und enden im fünfstelligen Bereich für Fahrzege mit sehr guter Historie, geringen Laufleistungen und Vorbesitzern. Die Cabrios und Sondermodelle wie E500/ 500E und AMG E36 haben in brauchbarem Zustand, die Schwelle von 10.000 Euro nie wirklich unterschritten. Besondere Nachfrage herrscht aktuell bei den T-Modellen.
Wer mit dem Gedanken spielt sich ein solches Fahrzeug zuzulegen, sollte sich darüber bewusst sein, dass diese in den letzten Dekaden meist als Ganzjahresfahrzeug eingesetzt wurden. Dies geht neben dem üblichen Verschleiß auch damit einher, dass die Fahrzeuge rosten. Neben den speziellen Technikdetails wird diese Kaufberatung sich also vor allem mit dem Thema Roststellen auseinander setzen. Sollten Sie persönliche Ünterstützung beim Einkauf Ihres Traumwagens benötigen, nehmen wir gerne die technische Prüfung des Fahrzeugs vor und helfen bei der Kaufabwicklung.
Benzinmotoren: In den Anfangsjahren (bis 1988) wurde der 124er mit zwei Benzinmotoren ausgeliefert. Mit der Vierzylindrigen M102 Maschine und mit der sechszylindrigen M103 Maschine. Beides sind ultrarobuste Motoren mit Zenralnockenwelle und Steuerkette. Frühe M102 wurden noch mit Einfachkette ausgeliefert, die bei hohen Laufleistungen zu Kettenlängung neigt. Auch kam es wohl häufiger zu Kettenabrissen. Heute bedeutet dies, dass man auf Geräusche aus dem Kettenkasten achten sollte. Besonders treten diese natürlich bei kaltem Motor auf. Späte M102 Motoren wurden aus diesem Grund mit Duplexkette ausgerüstet.
Dem M103 Motor, welcher immer mit Duplexkette ausgeliefert wurde, sagt man eingelaufene Nockenwellen nach. Dies kann man natürlich nur prüfen indem der Ventildeckel abgenommen wird. Beim Fahren machen sich eingelaufene Nocken durch unruhigen Leerlauf und Leistungsmangel bemerkbar. Beide Motoren erreichen bei guter Wartung über 300.000 km.
Die beiden Motoren mit Zentralnocke wurden 1992 gegen moderne Motoren mit Doppennockenwelle getauscht. Auch diese Motoren glänzen mit hoher Zuverlässigeit. Der M111 Motor als 200 und 220er weist einen vergleichsweise geringen Benzinverbrauch auf. Beim M104 Sechszylinder als 280, 300 und 320 muss man schon mit Werten über 10 Liter/ 100 km rechnen. Neben klappernden Steuerketten wird vor allem dem M104 nachgesagt, er habe ein Problem mit Inkontinenz. Bei hohen Laufleistungen verliert der Motor Öl über die Zylinderkopfdichtung auf der Rückseite des Motors. Auch kann die Dichtung zwischen Ölfiltergehäuse und Motorblock undicht werden. Die Edelstahlkrümmer an späten 320ern werden häufig undicht. Eine Umrüstung auf Gusskrümmer früher Modelle ist möglich.
Dieselmotoren: Aufgrund der sehr guten Erfahrungen aus der Baureihe 123 bot Mercedes schon zu Produktionsbeginn Dieselmotoren an. Mit zunehmendem Reifegrad der Fahrzeuge wurden die Motoren leistungsfähiger. Anfänglich noch mit schwächlichen 72 PS ausgeliefert, wurden am Ende der Baureihe knapp 150 PS erreicht. Interessiert man sich für ein Fahrzeug mit Selbstzünder sind vor allem die späten Turbodiesel OM602 (5-Zylinder) und OM603 (6-Zylinder) aufgrund ihres hohen Drehmoments interessant. Daneben bietet sich noch der OM606 (6-Zylinder, Vierventiltechnik) als Alternative an. Alle Dieselmotoren im 124er sind Vorkammerdiesel mit Zentraleinspritzpumpe und Steuerkette. Vom Prinzip her sind Laufleistungen von einer halben Million und mehr möglich. Defekte Zylinderkopfdichtungen, gerissene Vorkammern oder defekte Turbolader kommen bei Fahrzeugen vor die oft gefordert wurden.
Umweltplakette: Da die meisten 124er noch einige Zeit zum H-Kennzeichen haben, sollte man vorab prüfen, ob man eine grüne Umweltplakette bekommt. Die meisten Benziner haben hiermit kein Problem, teils sind Kaltlaufregler zur Verbesserung der Steuerklasse erhältlich. Nahezu alle Dieselmotoren muss man mit Oxikat und Partikelfilter nachrüsten, um die grüne Plakette zu bekommen. Eine sehr gute Übersicht über Nachrüstmöglichkeiten gibt es bei der Firma Reich & Sohn.
Fahrwerk und Lenkung: Das Fahrwerk den 124er ist sehr robust und weist neben porösen und ausgeschlagenen Lagern und Lenkern keine Schwächen auf. Man sollte sehr genau auf die Traggelenke der vorderen Qerlenker achten. Diese schlagen gerne aus und sollten wenn Spiel auftritt, kurzfristig getauscht werden. Bei allen Modellen außer dem 320 lassen sich diese separat tauschen. Beim 320er muss der komplette Querlenker getauscht werden, was entsprechend kostspielig ist. Alle Lager und Streben sind als sog. Aftermarket oder Zubehörteile verfügbar. Stehen also Reparaturen an, hat man also eine relativ günstige Alternative. Allerdings sollte man sich für die Teile namhafter Hersteller wie Sachs, Boge oder Lemförder entscheiden. Bei diesen handelt es sich um Teile von Erstausrüstern, die in der Qualität den Mercedes Teilen entsprechen. Das Lenkgetriebe (Kugelumlauflenkung) kann undicht werden. Eine Revision schlägt mit mehreren Hundert Euro zu Buche.
Elektik: Diese ist grundsätzlich unauffällig. Einzige Ausnahme bildet die Motorkabelbäume. Entgegen des bisherigen Kenntnisstands sind fast alle Kabelbäume in den Baujahren 1991 bis 1997 betroffen. Dies umfasst die Vier-, Sechs- und Achtzylinder Benziner als auch die Diesel Modelle. Die Isolation der Kabel wird mit den Jahren porös, es kommt zu Kurzschlüssen, was zu schlechtem Motorlauf bis zum Totalausfall führen kann. Auch wurden späte Modelle mit elektronischen Drosselklappen bestückt. Die Kabelproblematik betrifft auch dieses Bauteil. Der Austausch dieser Komponenten ist aufgrund der Teilepreise sehr kostspielig. Ist der Austausch noch nicht vorgenommen worden, muss ein vierstelliges Budget eingeplant werden.
Getriebe: Schaltgetriebe und Automatikgetriebe sind über alle Baujahre und Motorvarianten als sehr robust bekannt. Mit hoher Laufleistung kranken die Schaltgetriebe an ausgeschlagenen Führungen des Hebels und defekten Synchronisationen. Die Automatikgetriebe halten genau wie die Schaltgetriebe durchschnittlich über 200.000 km. Darüber sollte man zwischen 1500 und 2000 Euro für eine Revision einplanen. Besonders bei Gesprächen mit Taxifahrern ist zu erfahren, dass sich die Lebensdauer von Automatikgetrieben dadurch verlängern lässt, indem man bei Ampelstops in Neutral schaltet und das Öl sowie den Hydraulikfiler alle 60.000 km tauscht. Bei Fahrzeugen mit 5-Gang Automat ist darauf zu achten, ob der Automat in den 5ten Gang schaltet. Wird dieser nicht eingelegt, handelt es sich entweder um ein Elektrikproblem oder der Magnetschalter im Getriebe ist defekt. Dieser ist nur bei Mercedes für mehrere Hundert Euro erhältlich.
Antrieb und Differential: Von der Kardanwelle sind bis auf ausgeschlagene Kardanwellenlager und Hardyscheiben bei hohen Laufleistungen keine Schwächen bekannt. Das Differential hingegen ist bei nahezu allen 124ern ölfeucht. Ist die Undichtigkeit bereits so weit fortgeschritten, dass Öl abtropft, muss dieses zerlegt und abgedichtet werden. Allradfahrzeuge (4-matic) sollte man aufgrund der Komplexität des Systems meiden. Es sei denn, man ist auf die Nutzung des Allrads angewiesen. Reparaturen sind teuer, da dieses Antriebssystem nicht nur getriebespezifische Komponenten aufweist, sondern auch viele Fahrwerks- und Elektrikkomponenten zum Hecktriebler Unterschiede aufweisen.
Karosserie: Die Karosserie des 124er ist ein Quell steter Freude und stellt beim Kauf das Hauptkriterium dar. Mercedes hat zwecks Korrosionsschutz auf die Karosserie eine PVC Schutzschicht aufgebracht. Der ursprüngliche Zweck war der Steinschalgschutz und die Nahtabdichtung. Über die Jahre ist dieses Material geschrumpft und wurde rissig. Hierdurch dringt Feuchtigkeit an die Blechstruktur mit teil verheerendem Ergebnis. Teils lassen sich handtellergroße PVC Flecken von der Karosse abziehen. Darunter finden sich meist großflächige An- und Durchrostungen. Im Vorderbau sollte man sich die Frontmaske bei geöffneter Haube genau ansehen. Hier gammelt es gerne an den Knotenpunkten der Streben.
Im Motorraum sollte man mit der Taschenlampe die Bereiche unter dem Wischwasserbehälter (rechte Seite) und dem ABS bzw der Nivauregulierungspumpe (linke Seite) ansehen. Die Kotflügel rosten vor allem im Bereich der Blinker, den Kante zum Stoßfänger und den Schraubkanten am Schweller. In den vorderen Radhäusern nistet sich der Rost gerne im Bereich über den Federtellern zur Stehwand ein. Von den Kotflügeln und Radhausschalen verdeckt rostet gerne die A-Säule. Um hier eine Prüfung vorzunehmen, muss man die Radhausschalen demontieren. Die Wagenheberaufnahmen sind eigentlich an allen 124ern zumindest angerostet. Hierfür sollte man unbedingt die Klappen der Schwellerverkleidung öffnen.
Unter den als Saccobrettern bezeichneten Türverkleidungen kann es recht übel rosten. Um dies genau festzustellen, muss man allerdings die Bretter demontieren. Ein weiterer Schwachpunkt den fast alle 124 haben, sind die vorderen Aufnahmekonsolen der Hinterachse. Diese sind meist an, wenn nicht sogar abgerostet. Muss hier saniert werden, steht eine vierstellige Investition bevor. In den hinteren Radhäusern ist die Aufnahme des Stoßdämpfers und die Löcher für die Karosseiestopfen zu prüfen. Vom Kofferraum aus lassen sich die Übergänge von oberem zu unterem Seitenteil prüfen. Da hier von Innen keine Nahtabdichtung aufgetragen ist rostet es häufig auf ganzer Länge. Ist der Rost weit fortgeschritten ist dieser am Übergang zwischen Stoßstange und Seitenteil anzutreffen. Das T-Modell krankt zusätzlich noch an der Unterkante des Seitenscheibenrahmens. Hier ist eigentlich nicht die Frage ob sondern wie stark es rostet.
Der Interessent für ein soclhes Fahrzeug sollte sich sehr wohl bewusst sein, dass diverse Komponenten ausfallen können. Aber alles ist reparabel, Teile sind neu sehr kurzfristig zu bekommen. Auch wird nahezu alles als Gebrauchtteil angeboten. Lange Standzeiten sind also nicht zu befürchten. Das entscheidende Kaufkriterium ist und bleibt der Zustand der Karosserie. Hier müssen schnell mehrere 1000 Euro investiert werden. Bei der Fahrzeugbesichtigung kann man meist von den äußeren auf die inneren Werte schließen. Ist der Rost im sichtbaren Bereich bereits fortgeschritten und zeigt sich bereits durch Löcher, sieht es im Verborgenen sicher genauso aus. Dies gilt generell für den Zustand des Fahrzeugs: ist der Wagen verdreckt und verwohnt, wurde dieser wahrscheinlich weder pfleglich gefahren noch übermäßig gut gewartet.